BLEIBERECHT FÜR ALLE – statt Chancenfalle!

Chancen für wenige

Heute, am 16.12.20222, wurde das Gesetz zum Chancen-Aufenthaltsrecht im Bundesrat verabschiedet, es soll am 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Geduldete, die am Stichtag 31. Oktober 2022 seit fünf Jahren in Deutschland leben, sollen für 18 Monate das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht bekommen. In dieser Zeit haben sie die „Chance“, die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht zu schaffen, das sind: Arbeit und ausreichendes eigenes Einkommen, Sprachkenntnisse und die Erfüllung der Passpflicht.

Wer das schafft, soll eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erhalten. Wer das nicht schafft, fällt zurück in die Duldung und ist – mehr als zuvor – von Abschiebung bedroht.

Laut Prognose der Bundesregierung wird letztlich nur ein Bruchteil der Geduldeten durch das neue Gesetz eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis bekommen: Rund 14% derjenigen die aktuell mit einer Duldung leben müssen (Quelle).

Die Bundesregierung geht davon aus, dass nur rund 40 % der Geduldeten überhaupt einen Antrag auf ein „Chancen-Aufenthaltsrecht“ stellen werden. Denn sie hat neben der Stichtagsregelung auch andere große Hürden in das Gesetz eingebaut: Es schließt Flüchtlinge wegen kleinster Straftaten, die bei anderen Bürger*innen noch nicht einmal in ein polizeiliches Führungszeugnis kämen, vom „Chancen-Aufenthaltsrecht“ aus. Auch Flüchtlinge, denen die Behörden unterstellen, dass sie absichtlich keine Dokumente zur „Identitätsklärung“ besorgt haben, sollen kein „Chancen-Aufenthaltsrecht“ bekommen.

Das bedeutet zahlreiche Flüchtlinge werden weiter mit Kettenduldungen leben müssen. In einer „Endlosschleife von Isolation und Demütigung“ sagt die Gruppe Refugees with Attitudes. Sie war in Sammelunterkünften in verschiedenen Regionen und hat mit Geflüchteten darüber gesprochen. Die meisten ihrer Gesprächspartner leben mit Kettenduldungen seit vielen Jahren in Sammelunterkünften in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. Einige hielten das Leben dort nicht mehr aus und entschieden sich für ein Leben in der Illegalität in Berlin bzw. Hamburg.

Viele wissen weder ein noch aus in dieser Situation, die vielfach für Jahre und bisweilen sogar Jahrzehnte andauert! Sie sind verzweifelt, werden krank. Immer wieder finden Menschen einzig im Suizid ein Ende ihrer hoffnungslosen Situation“ erzählen die Aktivist*innen der Gruppe.

Ihre Dokumentation der Interviews macht diese verzweifelte Situation deutlich: https://www.refugees-with-attitudes.de/interviews/

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